Unerwartete kritische Situationen und Augenblicke gehören zur Normalität im Rahmen der Hochschullehre.
Generell beinhaltet der Begriff “Störung” bereits eine Deutung. Ein Teilnehmerverhalten, das von dem/der Lehrenden als störend registriert wird, kann für den Studierenden durchaus produktiv sein oder wichtige Informationen über den Verlauf der Lernprozesse in der Gruppe liefern. Im Allgemeinen sollten sich Lehrende bei Ihrer Lehrausübung beim Eintreten von kritischen Momenten um eine humorvolle Gelassenheit bemühen. Für eine befriedigende Bildungsarbeit ist weder eine Haltung der Gleichgültigkeit noch des Perfektionismus angemessen, brauchbar und “viabel” [Arnold, Rolf 1999]. Überraschende Situationen können nicht durch übertriebene Steuerung und Verlaufsplanung vermieden werden. Meist empfiehlt sich eine systemische Betrachtung und das heißt: die Nutzung der Selbstorganisation der Gruppe. Viele kritische Situationen lassen sich nicht für, sondern gemeinsam mit der Gruppe klären.
Es kann äußerst sinnvoll sein, als Lehrperson zu Beginn einer Veranstaltungsreihe gemeinsam mit Ihren Studierenden Vereinbarungen zu treffen, beispielsweise über wünschenswerte Formen und Regeln des kommunikativen Umgangs, der Verständigung über Ziele und Inhalte sowie über potentielle Lernschwierigkeiten als auch über den Umgang mit Kritik und auftretenden Konflikten.
Jedenfalls sollten sich alle Lehrenden vor Augen halten, dass erstens jede Lehre punktuell verbesserungsfähig ist und dass zweitens fast nie alle Teilnehmenden mit einem speziellen Lehrverhalten völlig zufrieden sind. Manche der sogenannten “Störungen” haben ihre Ursachen, weder im Lehrverhalten noch im Vermittlungsprozess, sondern sind eher in gewissen Rahmenbedingungen zu suchen (z. B. Veranstaltungszeitpunkt, organisatorische Schwachstellen, bevorstehende oder geschriebene Klausuren in anderen Fächern, genereller Veranstaltungsboykott der Studierenden aus hochschulpolitischen Gründen etc.).